Die Liebe, die Eltern für ihre Kinder empfinden, ist etwas, das man mit Worten kaum beschreiben kann. Mütter lieben die kleinen Wesen, die sie neun Monate unter dem Herzen tragen, von der ersten Sekunde an. Und Väter tun alles, um ihre kleine Familie zu beschützten.

 

Wie muss es sich anfühlen, wenn dieses kleine Wesen nach nur einem Jahr und drei Tagen nicht mehr da ist und wenn man absolut nichts tun kann, um es zu beschützen? Was macht das mit dem Herzen liebender Eltern?

 

»Man fühlt sich betäubt. Gelähmt. Gebrochen. Auseinandergenommen. Verschlissen. Wegwerfbereit. Am Ende.

Der 10. September 2018 war der Tag, als der Krieg in mein Herz und in mein Leben einzog. Sie sagten: `Nehmen Sie Ihren Sohn in den Arm, bis sein Herzchen aufhört zu schlagen.´«

 

Um 18:29 Uhr bricht Franies Welt zusammen. In Folge einer Routine-Op stirbt ihr kleiner Sohn Leopold völlig unerwartet im Alter von nur einem Jahr und drei Tagen.

Was macht so etwas mit einer Mutter?

Die Antwort lautet posttraumatische Belastungsstörung, Panikattacken, Angstzustände, Depressionen und Schlaflosigkeit. 

Franie befindet sind in psychologischer Behandlung und versucht gegen die furchtbaren Bilder und die Ohnmacht zu kämpfen.

 

»Immer wieder erzähle ich von meinem Schmerz und habe oft das Gefühl, es bringt doch nichts. Aber ich fühle mich jedes Mal erleichtert. Und ich glaube, ich werde meine Geschichte so oft erzählen, bis ich es wirklich begriffen habe, dass mein geliebtes Kind nie mehr zurückkommt.«

 

Anfangs vergräbt sich nicht nur Franie in ihrem Schmerz, sondern auch ihr Mann. Mittlerweile sprechen sie innerhalb der Familie oft von und auch mit Leopold und lernen, dass jeder seine eigene Art und Weise hat, zu trauern. Weil es Franie schmerzt, was ihre vierjährige Tochter alles mitbekommt, verwehrt sie ihr den Abschied von ihrem kleinen Bruder nicht. Er sei sein genauso wichtiger Schritt der Trauerbewältigung, wie die täglichen Gespräche.

 

Franie trauert offen, nicht nur auf Facebook, sondern auch auf einem Trauerblog auf Instagram, den sie unter dem Namen »fraeulein_leopold« führt. Dennoch holt die Trauer sie oft ein. Dann legt sie sich auf den Boden, weint und steht lange Zeit nicht auf. Aber für ihre kleine Familie ist sie bereit zu kämpfen.

 

»Ich habe zwei Kindern das Leben geschenkt und eins verloren. Ich habe ein Kind ganz fest an der Hand und eines fest im Herzen.«

 

Aber nicht jeder kommt mit Fanies Art der Trauer klar, denn der Tod des eigenen Kindes ist für viele Menschen noch immer ein Tabuthema. Freunde ignorieren sie und wissen nichts mehr zu sagen, Bekannte ziehen sich zurück und fremde Menschen verurteilen sie.

Ihre größte Stütze ist neben ihren Eltern vor allem ihre Schwester.

Dabei ist Franies Wunsch für richtigen Umgang mit trauernden Eltern ganz klar formuliert.

 

»Eigentlich wünsche ich mir die meiste Zeit, dass man mich genauso behandelt wie vorher auch. Leo ist und bleibt immer ein Teil meines Lebens, aber deshalb möchte ich auch nicht den ganzen Tag darüber sprechen. Manchmal wünsche ich mir langweilige und normale Gespräche.«

 

Die Wirklichkeit sieht anders aus. Ungefragt bekommt Franie Ratschläge, wird in aller Öffentlichkeit gefragt, wie es passiert sei, und erhält den Hinweis, dass sie noch jung sei und ein »neues« Kind bekommen könnte.

Aber Leopold zu ersetzen ist für die junge Mutter unmöglich. Derzeit kann sie sich nicht vorstellen, erneut schwanger zu werden, da sie mit der Angst lebt, erneut ein Kind zu verlieren.

 

Ihre Wünsche für die Zukunft hat Franie ebenfalls klar definiert. Sie will trotz allem nie den Mut und die Freude am Leben verlieren. 

Franie hat eine Zuflucht im Schreiben gefunden und lässt ihren Sohn in ihren Büchern weiterleben. Unter dem Pseudonym »Franie Leopold« veröffentliche sie ihren Debütroman »Mein Herz ist ein Mosaik.«

 

 

»Eines Tages, wenn ich vielleicht nicht mehr bin, wird irgendwo eine verstaubte Kiste mit Büchern geöffnet. Ich sehe einen Menschen vor mir, der an Ort und Stelle zu lesen beginnt. Sich in der Geschichte verliert. Weint, lacht, leidet und hofft, der sich fragt, wer Franie und wer Leopold sind.«